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Der Beherbergungsvertrag
Die Nichtinanspruchnahme bzw. Absage reservierter
Hotelzimmer
Mit guten Gründen
darf im Gastgewerbe ein besonderes, von Gastlichkeit geprägtes Verhältnis
zwischen dem Gast und dem Gastgeber erwartet werden. Schließlich ist die
Gastlichkeit entscheidender Bestandteil einer jeden gastronomischen Leistung.
Doch immer wieder wird dieses Verhältnis getrübt durch Rechtsstreitigkeiten.
In Vergessenheit gerät häufig, daß die in allen Bereichen des Geschäftslebens
geltenden Regeln uneingeschränkt auch auf das Gastgewerbe Anwendung finden.
Wohl aus diesem Grunde besteht weit verbreitet die Ansicht, die Reservierung
eines Hotelzimmers sei eine Art unverbindliche Voranfrage", die zwar den
Hotelier verpflichte, vom Gast aber jederzeit sanktionslos rückgängig gemacht
werden könne.
Um dem in dieser Frage
bestehenden Informationsbedürfnis Rechnung zu tragen und etwaige Missverständnisse
auszuräumen, sei nachfolgend ein kurzer, unverbindlicher Überblick zur Frage
der Nichtinanspruchnahme bzw. Absage reservierter Hotelzimmer gegeben.
1. Der
Beherbergungsvertrag
Der
Beherbergungsvertrag ist ein gemischttypischer Vertrag mit Grundelementen aus
dem Mietrecht und mindestens eines anderen Vertragstyps, etwa des Kauf- oder
Dienstvertrages. Der Vertrag kommt durch zwei übereinstimmende - mündliche
oder schriftliche - Willenserklärungen, durch Angebot und Annahme zustande.
Dabei ist die Erklärung, ein Zimmer reservieren zu wollen, nicht etwa als
Aufforderung an den Hotelier zu verstehen, von sich aus ein Angebot abzugeben.
Vielmehr ist die Erklärung ihrerseits bereits ein Angebot auf Abschluß eines
Beherbergungsvertrages. Sobald die Zimmerreservierung vom Beherbergungsbetrieb
angenommen ist, liegt ein verbindlicher Beherbergungsvertrag vor. Dies gilt
selbst für den Fall, daß die Parteien noch nicht sofort über alle
wesentlichen Vertragsbestandteile eine Vereinbarung getroffen haben. Denn die
vertragliche Einigung scheitert nicht daran, daß die Parteien bei erkennbarem
Willen zur vertraglichen Bindung einzelne Vertragspunkte später bestimmen oder
die Bestimmung dem Vertragspartner überlassen.
Der wesentliche Inhalt
des Beherbergungsvertrages bestimmt sich nach § 535 BGB. Danach hat das Hotel
das vereinbarte Hotelzimmer während der Mietzeit zur Verfügung zu stellen. Der
Gast hingegen ist zur Entrichtung des vereinbarten Zimmerpreises verpflichtet.
Der
Beherbergungsvertrag ist nicht anders zu behandeln als jeder andere Vertrag nach
dem bürgerlichen Recht. Vorbehaltlich anderslautender Vereinbarungen in Vertrag
oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) kann der Beherbergungsvertrag von
keiner Vertragspartei einseitig gelöst werden. Völlig unabhängig von
Zeitpunkt oder Gründen der Abbestellung besteht kein Recht auf
Stornierung" einer Buchung. Das bestellte und vom Hotel bereitgehaltene
Hotelzimmer ist entsprechend § 535 Satz 2 BGB zu bezahlen. Dies gilt selbst
dann, wenn das Hotelzimmer aus in der Sphäre des Gastes liegenden Gründen
nicht in Anspruch genommen wird.
Die vom Gast trotz
Nichtinanspruchnahme zu entrichtende Zahlung wird oftmals unter der Bezeichnung
"Stornogebühr" geführt. Ist durch Vertrag oder Allgemeine Geschäftsbedingungen
nichts anderes bestimmt, so handelt es sich bei der "Stornogebühr" nicht
um eine Sanktion für die Abbestellung eines Hotelzimmers. Die "Stornogebühr"
beziffert vielmehr die vertraglich geschuldete Gegenleistung (Zimmerpreis) abzüglich
der ersparten hoteleigenen Aufwendungen.
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Nicht angefallene Betriebskosten - etwa
für Bewirtung oder Zurverfügungstellung von Bettwäsche - hat sich der
Hotelier gemäß § 552 Satz 2 BGB anspruchsmindernd anrechnen zu lassen. Die Höhe
dieser anzurechnenden Einsparungen richtet sich nach den konkreten Umständen
des Einzelfalls. Von der Rechtsprechung wird der Wert der ersparten Aufwendungen
bei Übernachtung/Frühstück mit pauschal 20 %
vom Übernachtungspreis
regelmäßig als angemessen erachtet. Den Parteien des Beherbergungsvertrages
ist es jedoch unbenommen, höhere oder geringere Einsparungen nachzuweisen.
Im übrigen muß sich
der Hotelier die Vorteile anrechnen lassen, die er aus einer anderweitigen
Vermietung des Zimmers erlangt.
Eine grundsätzliche
Verpflichtung, bei fehlender Inanspruchnahme des Hotelzimmers einen Ersatzmieter
zu suchen, besteht jedoch nicht. Allerdings darf sich der Hotelier nicht
treuwidrig gegen die Aufnahme anderer Gäste verschließen.
2. Der
Kontingentierungsvertrag
Ähnlich ist die
Situation für den Fall des sogenannten Hotelkontingentierungsvertrages zu
beurteilen. Dieser gleichfalls gesetzlich nicht ausdrücklich normierte
Vertragstyp wurde von der Praxis entwickelt, um vor allem den Bedürfnissen der
Reise- und Tagungsveranstalter gerecht zu werden. Denn hier müssen die Reise
oder Tagung sicherstellende Abreden schon vor Kenntnis der Teilnehmerzahl und
damit der Anzahl der benötigten Betten getroffen werden.
Der
Kontingentierungsvertrag räumt dem Veranstalter regelmäßig eine Frist ein, während
der er reservierte Zimmer kostenfrei stornieren" kann. Nach Ablauf
dieser Frist werden die bislang kontingentierten Zimmer entsprechend vorheriger
Absprache entweder als fest gebucht erachtet oder für den Abschluß einer
entsprechenden Anzahl von Beherbergungsverträgen vorgemerkt. Eine Stornierung
der fest eingebuchten Reservierung oder eine Rückgabe der verbindlich
vorgemerkten Zimmerkontingente erfolgt nach den durch Kontingentierungsvertrag
festgelegten Abreden. Zumeist wird eine in Prozentsätzen vom Übernachtungspreis
dargestellte und am Belegdatum orientierte Staffelung vorgesehen.
Sollte der
Kontingentierungsvertrag keine ausdrückliche Stornoabrede vorsehen oder wird
der vereinbarte Termin kostenfreier Stornierung überschritten, wird als ultima
ratio vielfach die Rechtsfigur Rücktrittsrecht kraft Handelsbrauch" bemüht.
Ein Handelsbrauch, welcher den sanktionslosen Rücktritt vom
Beherbergungsvertrag zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Anreise erlaubt, konnte
jedoch bislang unstreitig nicht ausgemacht werden.
RA Oliver Thelen
DEHOGA Referat Recht
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